Der gerichtliche Beweisbeschluss nach ZPO bei Rechtsstreitigkeiten im Maschinenbau

Beweisbeschlüsse sind im Maschinenbau häufig technisch unpräzise formuliert.
9 Beweisbeschluss

Der gerichtliche Beweisbeschluss nach ZPO bei Rechtsstreitigkeiten im Maschinenbau

Worum geht es in diesem Artikel?

Rechtsstreitigkeiten im Maschinenbau sind geprägt von komplexen technischen und juristischen Herausforderungen, bei deren Bewältigung der gerichtliche „Beweisbeschluss ZPO“ gemäß der Zivilprozessordnung (ZPO) eine entscheidende Rolle spielt. Die Einhaltung eines stringenten Verfahrens und das Verständnis der rechtlichen Aspekte eines Beweisbeschlusses sind für alle Beteiligten in einem maschinenbaulichen Rechtsstreit von herausragender Bedeutung. 

In diesem Artikel widme ich mich eingehend dem gerichtlichen Beweisbeschluss bei Rechtsstreitigkeiten im Maschinenbau, wobei konkrete Fälle mit den besonderen Herausforderungen der „Technik-Jura-Technik“-Übersetzungen beleuchtet werden. Das Ziel ist es, den Lesern ein besseres Verständnis für die Bedeutung und den präzisen Ablauf für den Beweisbeschluss im Maschinenbau zu vermitteln. Beispiele werden vorgestellt.

Steigen Sie in diesem Artikel in ein facettenreiches sowie anspruchsvolle technisch-juristisches Thema ein.

Rechtliche Grundlagen

Für den Einstieg in die Thematik sind wenige Erläuterungen nötig.

Maschinengutachter: Der gerichtliche Sachverständige

Im geläufigen Sprachgebrauch bezieht sich der Begriff „Sachverständiger“ auf eine Person, die über ein vertieftes Verständnis für eine bestimmte Angelegenheit im Vergleich zu anderen verfügt. Der Sachverständige ist bereit, objektive und sachkundige Informationen zum speziellen Sachverhalt zu liefern.

Im gerichtlichen Kontext ist die Definition eines gerichtlichen Sachverständigen hingegen klar und relativ einfach zu erfassen. Hier wird nicht auf die spezifischen inhaltlichen Aspekte der Sachverständigentätigkeit eingegangen, sondern es bezieht sich allgemein auf die Ernennung durch das Gericht aufgrund eines Beweisbeschlusses als Sachverständiger („Maschinengutachter“) für das Gericht.

Der gerichtliche Sachverständige wird für Gerichte und Staatsanwaltschaften tätig.

Die wichtigsten Verfahrensordnungen

In Deutschland existieren verschiedene Verfahrensordnungen, die jeweils für unterschiedliche Rechtsbereiche und Verfahrensarten gelten. Die wichtigsten Verfahrensordnungen sind:

  • Zivilprozessordnung (ZPO),
  • Strafprozessordnung (StPO),
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO),
  • Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG),
  • Sozialgerichtsgesetz (SGG),
  • Finanzgerichtsordnung (FGO),
  • FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

Im Maschinenbau ist die

Zivilprozessordnung (ZPO) fast ausschließlich maßgeblich

bei Rechtsstreitigkeiten mit einem gerichtlichen Sachverständigen bzw. Maschinengutachter und einem entsprechenden Beweisbeschluss nach ZPO.

Zivilprozessordnung (ZPO)

Die Zivilprozessordnung (ZPO) regelt das gerichtliche Verfahren in Deutschland für Zivilprozesse vor Gericht. Sie dient als Grundlage für die Durchführung von Zivilverfahren, also Rechtsstreitigkeiten zwischen Privatpersonen, Unternehmen oder anderen nichtstaatlichen Einrichtungen. Die ZPO legt die Verfahrensregeln und Verfahrensabläufe fest, die von den Gerichten eingehalten werden müssen, um eine faire und gerechte Entscheidungsfindung zu gewährleisten.

Die Zivilprozessordnung umfasst Bestimmungen zu verschiedenen Aspekten des Zivilprozesses, darunter die Zuständigkeit der Gerichte, die Klageerhebung, die Beweisaufnahme, das Urteilsverfahren und die Zwangsvollstreckung. Ziel ist es, einen geordneten und rechtssicheren Rahmen für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zu schaffen.

Es handelt sich um ein essenzielles Rechtsinstrument, das die Grundlage für die zivilrechtliche Justiz in Deutschland bildet.

Die Zivilprozessordnung (ZPO) regelt unter anderem auch die Bestimmungen über

  • den Sachverständigenbeweis sowie
  • das gerichtliche selbstständige Beweisverfahren.

Die Beweislast nach ZPO

Gemäß der Zivilprozessordnung trägt grundsätzlich die Partei die Beweislast, die aus einem bestimmten rechtlichen Grund ihre Ansprüche geltend macht. Das bedeutet, dass diejenige Partei, die etwas behauptet, auch die Beweise dafür erbringen muss, um ihre Ansprüche vor Gericht durchsetzen zu können. 

9-2 Beweisbeschluss ZPO
Bild 1: Schaden an einer Filmpresswalze.

Der Grundsatz lautet prinzipiell:

„Wer behauptet, muss beweisen“.

Beweisaufnahme

Es existieren verschiedene Möglichkeiten, vor Gericht den Beweis zu erbringen. Üblich sind unter anderem die aufgeführten Unterpunkte.

Zeugenbeweis

Der Zeugenbeweis, auch Zeugenaussage genannt, ist eine Form der Beweisführung in rechtlichen Verfahren, bei der Personen vor Gericht ihre Aussagen über Tatsachen machen, die sie selbst wahrgenommen haben. Obwohl der Zeugenbeweis ein wichtiger Bestandteil des Gerichtsverfahrens ist, birgt er bestimmte Risiken und Herausforderungen:

  • Unzuverlässigkeit der Zeugen: Zeugen können sich irren oder ihre Wahrnehmung kann verzerrt sein. Faktoren wie Stress, Angst, Erinnerungsprobleme oder Voreingenommenheit können die Zuverlässigkeit der Zeugenaussagen beeinträchtigen.
  • Fehlende Objektivität: Zeugen können subjektiv sein und ihre Aussagen durch persönliche Überzeugungen oder Gefühle beeinflussen lassen. Dies kann zu einer Verzerrung der Fakten führen und die objektive Beurteilung des Gerichts erschweren.
  • Gedächtnisprobleme: Zeugen können Schwierigkeiten haben, sich an Details zu erinnern oder genaue Zeitpunkte und Abläufe wiederzugeben. Dies kann zu Unschärfen und Ungenauigkeiten in den Aussagen führen.

Grundsätzlich ist der Beweis durch Zeugen immer mit einem sehr hohen Risiko verbunden, welches mit zunehmender Zeitspanne zwischen dem Ereignis und der Zeugenbefragung zunimmt.

Gerichtlicher Augenschein

Bei einem gerichtlichen Augenschein begibt sich das Gericht oder der Richter persönlich an den Ort des Geschehens, um sich ein Bild von den örtlichen Gegebenheiten zu machen. Diese Form der Beweisaufnahme ermöglicht es dem Gericht, unmittelbare Eindrücke zu sammeln, die über das hinausgehen, was schriftliche oder mündliche Berichte vermitteln können.

Typischerweise wird der gerichtliche Augenschein in Verbindung mit Sachverhalten genutzt, bei denen eine direkte Anschauung des Ortes oder der Situation wichtig ist. Dies kann beispielsweise in Immobilienstreitigkeiten, Unfallrekonstruktionen oder anderen Fällen vorkommen, in denen visuelle Informationen vor Ort notwendig sind.

Ich habe in über 20 Jahren meiner Tätigkeit als Gerichtssachverständiger lediglich ein einziges Verfahren gehabt, bei welchem der Richter beim Ortstermin dabei war. Insofern kann ich berichten, dass der „gerichtliche Augenschein“ im Maschinenbau und für Maschinengutachter sehr ungewöhnlich ist und

so gut wie nie vorkommt.

Sachverständigenbeweis durch Maschinengutachter als gerichtlicher Sachverständiger

In bestimmten Fällen tritt der Sachverständigenbeweis als Alternative zum gerichtlichen Augenschein auf. Hierbei untersucht der Sachverständige den relevanten Sachverhalt vor Ort und dokumentiert seine Beobachtungen in einem Gutachten für das Gericht. Die fachkundige Begutachtung durch den Sachverständigen führt in der Regel zu präziseren Ergebnissen im Vergleich zur oft weniger sachkundigen Beobachtung des Richters.

In der Entwicklung von Wissenschaft und Technik ist das Wissen im Laufe der Jahre zunehmend komplexer, spezialisierter und mitunter auch unsicherer geworden. Viele Richter fühlen sich daher nicht mehr in der Lage, die erforderliche Fachkenntnis für nahezu alle Fragen selbst zu besitzen und versuchen, Revisionsverfahren zu vermeiden. Infolgedessen gewinnt der Sachverständigenbeweis in gerichtlichen Verfahren zunehmend an Bedeutung für die Urteilsfindung.

Die Herausforderung des Sachverständigenbeweises liegt in den spezifischen Problemfeldern der verschiedenen Wissensgebiete, die letztendlich die Grundlage für die zu klärende rechtliche Auseinandersetzung bilden.

Der Beweiswert des Sachverständigen kann jedoch beeinträchtigt werden, wenn es in der Kommunikation zwischen Gericht und Sachverständigem vor und während der Gutachtenerstellung zu sprachlichen Defiziten kommt. Dies führt gelegentlich zu

fehlerhaften oder unklaren Fragen im Beweisbeschluss für den Maschinengutachter.

Zudem ist dem Maschinengutachter oft nicht bekannt, welche rechtlichen Aspekte tatsächlich wichtig sind, um die rechtliche Klärung voranzutreiben. Daher ist es entscheidend, dass die Kommunikation zwischen Gericht und Sachverständigem präzise und klar ist, um eine effektive und korrekte Bewertung der streitigen technischen Sachverhalte zu gewährleisten.

Verhältnis Gericht - Sachverständiger

Der gerichtliche Sachverständige steht mit dem ihn durch Beweisbeschluss beauftragten Gericht allerdings in keinerlei Vertragsbeziehungen. Er erfüllt vielmehr eine Pflicht gegenüber dem Staat. Das Gericht handelt lediglich aufgrund verfahrensrechtlicher Bestimmungen.

Das Verhältnis zwischen Gericht und dem Gerichtssachverständigen ist daher ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, das seinen Grund und seine inhaltliche Ausgestaltung ausschließlich aus dem jeweiligen Verfahrensrecht herleitet.

Der Gerichtsgutachter ist strikt an den gerichtlichen Auftrag gebunden.

Das ergibt sich aus dem Verfahrensrecht. Da das Gericht in Anwendung des Verfahrensrechts als Herr des Verfahrens dieses entwickelt und gestaltet, steht es dem Gerichtssachverständigen nicht zu, eigenmächtig vom gerichtlichen Auftrag abzuweichen.

Jede Abweichung vom Beweisbeschluss trägt das Risiko in sich, wegen der

Besorgnis der Befangenheit

abgelehnt zu werden. Das wird in der Regel dadurch begründet, weil sich die Partei der Rechtsstreitigkeit, zu deren Nachteil sich die über den Beweisbeschluss hinausgehenden Feststellungen oder Bewertungen auswirken, vom Sachverständigen einseitig benachteiligt sind.

Helfer des Gerichts

Ein Gerichtssachverständiger ist ein Helfer des Gerichts. Sein Aufgabenumfang ist im Beweisbeschluss definiert.

Sowohl das Gericht als auch der Maschinengutachter als Sachverständiger im Gerichtsauftrag durch einen „Beweisbeschluss Maschinenbau“ sind jeweils völlig unabhängig.

Gerichtsgutachter zeichnen sich insbesondere durch die Verpflichtung zur Unparteilichkeit aus, die sie durch die Eidesformel für Sachverständige nach § 410 ZPO und § 79 StPO, dass das

Gutachten „unparteiisch“ erstattet wird bzw. wurde,

zum Ausdruck gebracht haben.

Beibringungsgrundsatz

Der Zivilprozess ist von dem Grundsatz der Parteiherrschaft bestimmt. Nach diesem Beibringungsgrundsatz obliegt es

den Parteien, ihre Ansprüche und Tatsachenbehauptungen dem Gericht durch Vorlage von Beweismitteln (Dokumenten, Urkunden, Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten usw.) darzulegen und zu belegen.

Das Gericht hat demnach nicht von sich aus aktiv nach Beweisen zu suchen. Die Parteien müssen die erforderlichen Unterlagen und Informationen selbst vorbringen.

Beweis über Tatsachen wird nur erhoben, wenn der Gegner den Tatsachenvortrag bestreitet. Unbestrittene Tatsachen gelten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

Die Wahrheit wird dann seitens des Gerichts unterstellt.

Einen Sachverständigenbeweis, also durch ein Gerichtsgutachten, kann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auch von Amts wegen anordnen.

Beweisbeschluss ZPO
Bild 2: Technische Anlage mit der Verkettung von Maschinen.

Das machen Gerichte, um sich die Sachkunde zur Beurteilung der Tatsachen zu verschaffen und Zusammenhänge im Streitgegenstand durch sachkundige Unterstützung besser zu verstehen.

Beweisbeschluss ZPO im Maschinenbau

Der Beweisbeschluss ZPO definiert die Aufgabenstellungen an den Maschinengutachter im Auftrag des Gerichts.

Der Sachverständige darf ohne vorherige Rückfrage bei Gericht

niemals von einem Beweisbeschluss abweichen.

Der Richter bzw. das Gericht ist nach der Fertigstellung des Gerichtsgutachtens durch den Maschinengutachter unter Bezugnahme auf den Beweisbeschluss ZPO nicht an das Gutachten gebunden.

Klassische Fehler beim "Beweisbeschluss Maschinenbau"

Natürlich gibt es in der Realität immer wieder größere und kleinere Probleme in der Zusammenarbeit zwischen dem Maschinengutachter im Auftrag eines Gerichts, dem Gericht bzw. dem zuständigen Richter sowie den Parteien.

Die Rollenverteilung zwischen Gericht und Gerichtssachverständigem

Diese Situation ist, dass der Richter, also das Gericht, die alleinige Entscheidungskompetenz hat. Der Sachverständige verfügt zwar über die notwendige Sachkunde für die zu klärenden Fragen des Beweisbeschlusses, hat jedoch überhaupt keine Entscheidungskompetenz.

Schwierig wird es, wenn der Sachverständige den Beweisbeschluss aufgrund von „interessanten Formulierungen“ falsch versteht.

Genauso problematisch ist es für das Verfahren, wenn das Gericht oder die Parteien im Beweisbeschluss eigene Fragen formulieren, die aufgrund der natürlichen fehlenden technischen Kenntnisse bei den verantwortlichen Juristen nicht den eigentlichen Kern der rechtlich zu klärenden Angelegenheit treffen.

Formulierung der Fragen des Beweisbeschlusses ZPO

Die zu klärenden Fragen, welche bei einem Rechtsstreit im Beweisbeschluss ZPO formuliert sind, ergeben sich oft unmittelbar aus den Schriftsätzen der Parteien. Teilweise werden die Fragen „sinngemäß“ vom Gericht in den Beweisbeschluss übernommen oder in eigenen Worten neu formuliert.

Hier liegt die größte Gefahr für die beteiligten Parteien.

Wenn die zu klärenden technischen Fragen bei einem „Beweisbeschluss Maschinenbau“ technisch fehlerhaft formuliert sind, sind folgende Probleme vorprogrammiert:

  1. Unklarheiten bei der Gutachtenerstellung: Wenn die im Beweisbeschluss enthaltenen technischen Fragen unpräzise oder mehrdeutig sind, kann dies zu Unklarheiten bei der Gutachtenerstellung führen. Der Sachverständige könnte Schwierigkeiten haben, den genauen Umfang der geforderten Untersuchung im Sinne des Gerichts zu verstehen.
  2. Fehlende Relevanz für die Rechtsfrage: Fehlerhafte technische Fragen könnten dazu führen, dass der Sachverständige technische Aspekte untersucht, die für die eigentliche rechtliche Streitfrage nicht relevant sind. Dies kann zur Verschwendung von Zeit und Geld führen, ohne dass tatsächlich entscheidungsrelevante Informationen gewonnen werden.
  3. Erschwerte Klärung der Streitfrage: Wenn die technischen Fragen im Beweisbeschluss nicht technisch präzise genug sind, kann dies dazu führen, dass der Sachverständige nicht in der Lage ist, die wesentlichen technischen Elemente des Falles zu klären. Dies könnte die Fähigkeit des Gerichts beeinträchtigen, eine klare Entscheidung in Bezug auf die technischen Aspekte des Rechtsstreits zu treffen.

Kosten für ein Gerichtsgutachten

Es ist immer wieder interessant, wenn eine Gerichtsakte mit einem „Beweisbeschluss Maschinenbau“ eingeht und das Gericht einen Kostenvorschuss von brutto 2.000,00 € oder auch weniger eingeholt hat. Ich kann pauschal sagen, dass es völlig unmöglich ist, für diesen Betrag ein Gerichtsgutachten in diesem Fachgebiet zu erstatten. Das müsste eigentlich auch Gerichten klar sein. Gerichte hantieren mit Bruttobeträgen. Das bedeutet, für den selbstständigen Unternehmer, welcher ein Maschinengutachter natürlich auch im Gerichtsauftrag ist, bleiben davon aufgrund der Umsatzsteuer netto rund 1.680,00 € übrig.

Bei einem gerichtlichen Stundensatz für Maschinen bzw. Maschinenbau von netto 130,00 € nach JVEG bedeutet es, dass ein Gutachten beim Kostenvorschuss von brutto 2.000,00 € nach 13 Stunden abgeschlossen sein sollte.

Das ist bei realen Problemen im Maschinenbau völlig utopisch.

Warum ist das so?

9-3Beweisbeschluss Maschinenbau
Bild 3: Eindeutiger Verschleiß im Rechtsstreit.

Die Akte muss gelesen werden, um zu verstehen, was der Streitgegenstand ist. Aus dem Aktenstudium ergeben sich in der Regel auch weitere technische Zusatzinformationen. Es klärt sich danach auch, ob weitere Zusatzinformationen für die Bearbeitung des Gutachtens von den Parteien angefordert werden müssen. In aller Regel sind die Akten bei einem „Beweisbeschluss Maschinenbau“ dick. Ferner darf kein unmittelbarer Kontakt zu den Parteien aufgenommen werden. Die Folge ist, dass im Gerichtsauftrag immer ein erhöhter administrativer Zeitaufwand entsteht als in jedem Parteiauftrag für Maschinengutachter.

Schließlich gibt es nahezu immer einen Ortstermin für Tatsachenfeststellungen. Das bedeutet Reisezeit, Hotelkosten, Reisekosten.

Der gerichtliche Ortstermin bedeutet immer mindestens einen kompletten Arbeitstag. Dann kommen noch die Vorbereitungen für den Ortstermin hinzu. Die Feststellungen des Ortstermins in Bezug auf den Beweisbeschluss müssen dokumentiert werden. Die Fragen des Beweisbeschlusses müssen beantwortet werden. In fast allen Fällen wird das Gutachten danach gebunden und in der gewünschten Stückzahl an das Gericht verschickt. Jedem Laien wird es nach dieser sehr kurzen Erklärung bewusst, dass ein Gerichtsgutachten bei realen Fällen im Maschinenbau mindestens brutto 5.000,00 € kosten muss.

Es dürfte insbesondere auch dann klar werden, wenn man sich rein exemplarisch Bild 2 anschaut. Schließlich sind komplexe Anlagen und Maschinen in produzierenden Unternehmen überwiegend Gegenstand von Gerichtsgutachten.

Es liegt auf der Hand, dass Fragen, die sich aus einem Beweisbeschluss nach Zivilprozessordnung (ZPO) ergeben, nicht ohne weiteres durch bloßes Betrachten im gerichtlichen Auftrag präzise beantwortet werden können.

Doppelte Übersetzungen "Technik-Jura, Jura-Technik"

Eine große Problematik sind bei Streitigkeiten im Maschinenbau die notwendigen Übersetzungen. Zwar sprechen Techniker, Ingenieure, Geschäftsführer, Sachverständige, Gerichtsgutachter und Juristen dieselbe Sprache.

Dennoch bedeutet es noch lange nicht, dass man einander aufgrund der unterschiedlichen Fachgebiete auch jeweils fachlich versteht.

In der Realität wenden sich Unternehmen mit einer technisch-juristischen Problematik recht zeitnah an Juristen. Wie schon so häufig betont, sind Juristen die Fachleute des Rechts. Sie können die technische Problematik umso weniger verstehen, je tiefer es in der Rechtsstreitigkeit ins technische Detail geht. Das ist völlig normal. Es ist jedoch nötig, dass Juristen es zumindest möglichst „gut“ verstehen.

9-4 ZPO Maschinengutachter Beweisbeschluss
Bild 4: Eindeutiger Gewaltbruch.

Der Rechtsanwalt einer Partei im Rechtsstreit oder im selbstständigen Beweisverfahren hat einen großen Einfluss auf den Beweisbeschluss (ZPO). Das bedeutet, Fragen werden in der Regel nach dem Verständnis des eigenen Parteijuristen formuliert. Das muss dann wiederum der Gerichtssachverständige „richtig“ verstehen. Der Maschinengutachter im Gerichtsauftrag verfasst dann das Gerichtsgutachten. Dabei sollte ein erfahrener und guter Gerichtssachverständiger sein Gerichtsgutachten in einer so verständlichen Sprache formulieren, dass auch technische Laien, also Parteijuristen und Richter, dies nachvollziehen können.

Es ist also ein Hin und Her der Formulierungen. Dabei können technische Sachverhalte, die wichtig sind, verloren gehen.

Es können sich auch Formulierungen ergeben, die in einem Gerichtsverfahren durch den gerichtlichen Sachverständigen gar nicht mehr nachgewiesen werden können. Das ist insofern problematisch, weil es immer ein Nachteil für die beweispflichtige Partei ist und im Zweifelsfall das Geld der Parteien oder einer Partei kostet ohne, dass ein sinnvolles Ergebnis bei rauskommt.

Deswegen empfehle ich,

frühzeitig einen technischen und vor allem forensisch erfahrenen Sachverständigen auf der Parteiseite mit einzubeziehen, um die Fragen für den Beweisbeschluss auf der Parteiseite technisch präzise und ohne technischen Bumerang zu formulieren.

Empfehlungen aus technischer Sicht

Insgesamt ist es von entscheidender Bedeutung, dass technische Fragen im Beweisbeschluss sorgfältig formuliert werden, um sicherzustellen, dass sie präzise, relevant und verständlich sind. Dies trägt dazu bei, eine effiziente und sachgerechte Klärung der technischen Aspekte in einem Rechtsstreit zu gewährleisten.

Allgemeine Empfehlungen für Gerichtssachverständige

Natürlich ist es ratsam, das Gericht als gerichtlicher Sachverständiger zu informieren, wenn man Verständnisschwierigkeiten mit dem Beweisbeschluss hat. In fast allen Fällen wird das Gericht versuchen, dies zu klären.

Darüber hinaus ist es möglich, als Gerichtssachverständiger dem Gericht mitzuteilen, wie man die Fragestellung als Maschinengutachter „versteht“. Dann wird das Gericht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bei den Parteien nachfragen, ob die Interpretation des Maschinengutachters hinsichtlich des Beweisbeschlusses zutreffend ist und den (technischen) Kern der Frage trifft.

Beweisbeschluss Maschinenbau: Beispiele

Es gibt zahlreiche Beispiele, die ich präsentieren könnte. Ich habe lediglich vier ausgewählt, die die Problematik von Formulierungen im Beweisbeschluss im Gerichtsverfahren exemplarisch zeigen.

Beispiel 1

Als ich diese Frage nach Abbildung 1 in einem Beweisbeschluss im Gutachtenauftrag erhielt, fragte ich mich ernsthaft, ob sich das Gericht einen Scherz mit mir erlaubte.

Abbildung 1: Beispiel 1 für einen Beweisbeschluss.

Wie um alles in der Welt soll ein Gerichtssachverständiger diese Frage beantworten können, wenn er keine hellseherischen Fähigkeiten hat?

Niemand kann 3 Jahre nach der Auslieferung feststellen, welches Fett im Auslieferungszustand im Fettbehälter war, wenn alle 30 Minuten neu befüllt wird.

Ich habe in diesem Fall den Richter angerufen und mitgeteilt, dass ich dieses Gutachten nicht erstatten kann und es niemanden gibt, der diese Problematik des Rechtsstreits beantworten kann. Der Richter freute sich. Er bat mich darum, die Gründe dafür ganz kurz in einem Schreiben zusammenzufassen. Der Grund für die Freude war einfach: der Beweis konnte nicht mehr erbracht werden. Somit konnte das Gericht entscheiden. Für die beweispflichtige Partei gehen solche Situationen entsprechend schlecht aus. Ich stellte mir die Frage:

Wie kann man als beweispflichtige Partei mit so einem Beweisbeschluss in eine Klage ziehen?

Beispiel 2

Abbildung 2 zeigt einen Auszug aus einem sehr langen „Beweisbeschluss Maschinenbau“.

Wie ersichtlich ist, beinhaltet eine einzige Frage oft mehrere Unterfragen. Diese Formulierung des Beweisbeschlusses enthält teilweise auch Hypothesen der Partei, die für die betreffende Frage des Beweisbeschlusses verantwortlich ist.

Maschinengutachter Beweisbeschluss ZPO
Abbildung 2: Auszug aus Beweisbeschluss für Beispiel 2 nach Bild 5.

Man erkennt einfach in Bild 5, dass es zum Abriss von Kettengliedern kam. Ansonsten wurde beim Ortstermin eine reparierte und völlig veränderte Maschine vorgeführt. Die ausgetauschten und beschädigten Bauteile wurden separat gelagert. Es ist unter solchen Umständen nicht möglich, die technische Ursache exakt zu ermitteln.

Bild 3: Schwingungsschaden durch eine Unwucht.

Es ist technisch offenkundig, dass das Versagen der Kette eindeutig dadurch erfolgt war, weil es zu einer signifikanten Laststeigerung im gerissenen Querschnitt der Kette kam. Man kann in Bild 5 auch erkennen, dass der ehemals runde Querschnitt nun eine ovale Form hat.

Dies tritt ein, wenn die Last gesteigert wird und der belastete Querschnitt den Beanspruchungen („Spannungen“) nicht mehr standhalten kann. Im Zusammenhang mit dem sichtbaren Oval ist die einzige technische Erklärung in Bezug auf die in diesem Streit diskutierte Maschine, dass es zu einem Verhaken mit einem Hindernis kam und trotzdem weiter gefördert wurde.

Der Auszug aus dem Beweisbeschluss ZPO nach Abbildung 2 enthält aber zum Beispiel die Hypothese, dass „schweres Aufgabematerial“ für das Versagen des Querschnittes verantwortlich sei. Die Formulierung „schweres Aufgabematerial“ ist jedoch technisch unbestimmt.

Wieso wird so eine Frage in einen Beweisbeschluss aufgenommen, wenn die Maschine signifikant verändert wurde?

Ein Maschinengutachter in der Funktion des Gerichtssachverständigen kann plausible Tatsachenfeststellungen nur treffen, wenn die Situation existiert, die technisch beurteilt werden sollen und juristisch zwischen den Parteien streitig ist.

Es werden immer ungeklärte juristische Fragen übrigbleiben, wenn das streitige Objekt beim gerichtlichen Ortstermin in einem veränderten Zustand präsentiert wird. Ich stelle mir dann immer die Frage,

wieso Parteien unter solchen Voraussetzungen eine Klage oder ein selbstständiges Beweisverfahren anstreben?

Ich empfehle meinen Auftraggebern als Parteisachverständiger in solchen Fällen immer, ein substantiiertes Beweissicherungsgutachten erstellen zu lassen. Mit dem Beweissicherungsgutachten ist es möglich, gleich die Klage vor Gericht einzureichen. Ein technisch plausibles Beweissicherungsgutachten ist in einem Rechtsstreit immer eine gute „Anleitung“ für den späteren Gerichtsgutachter im Auftrag des Gerichts.

Es ist völlig klar, dass Betreiber von Maschinen nicht warten können, bis der Beweisbeschluss ZPO existiert, ein Sachverständiger im Auftrag des Gerichtes vorbeischaut, einen Ortstermin durchführt und danach erst mit der Reparatur begonnen wird.

Wenn jedoch Klage eingereicht oder ein selbstständiges Beweisverfahren angestrebt wird und die Beweise überwiegend vernichtet sind, macht dies für mich als Maschinengutachter keinen Sinn. In einem solchen Fall ist das sehr Risiko hoch, dass die beweispflichtige Partei nicht mehr in der Lage ist, den Beweis zu erbringen.

Beispiel 3 für gerichtlichen Beweisbeschlüsse bei Maschinenschwingungen

Abbildung 3 zeigt den Beweisbeschluss für einen Fall von Schwingungen im Gerichtsverfahren.

Abbildung 3: 3. Beispiel für einen Beweisbeschluss (Maschinenschwingungen).

Bei dem Beispiel nach Abbildung 4 stellen sich dem professionellen Sachverständigen aus dem Bereich der Maschinenschwingungen sofort die technischen Fragen:

  1. Was sind denn „auffällige Vibrationen“?
  2. Wie wurden diese Maschinenschwingungen ermittelt?
  3. An welcher Stelle wurden diese Vibrationen festgestellt oder wo sollen die Schwingungen im Gerichtsverfahren festgestellt werden?

Darüber hinaus stellt sich bei so einem Beweisbeschluss die Frage, wie ein Gerichtssachverständiger feststellen soll, was angeblich irgendwelche Mitarbeiter zwischenzeitlich möglicherweise mitgeteilt haben. 

Zeugenvernehmung ist die Aufgabe des zuständigen Gerichts.

Gerichtssachverständige dürfen keine Zeugen vernehmen. Sie sind vielmehr Experten ihres speziellen Fachgebietes und in diesem Fachgebiet die Helfer des Gerichts.

Beispiel 4

Aus dem Beispiel nach Abbildung 4 geht hervor, dass die Austragsschnecken gar nicht mehr im zu beurteilenden System zum Zeitpunkt des Gerichtsverfahrens verbaut sind.

8-5-2 Beweisbeschluss Maschinenschwingungen
Abbildung 4: 4. Beispiel für einen Beweisbeschluss ZPO.

Ein Richter hat keine Chance zu erkennen, dass so etwas im Fall von Schwingungen bei Maschinen nicht mehr überprüft werden kann.

Unklar ist für mich bei derartigen Beweisbeschlüssen immer, wieso Parteien unter solchen technischen Randbedingungen in einen Rechtsstreit gehen. Es muss doch auf der Seite der Partei kompetente technische Experten geben, die den Parteijuristen entsprechende technische Hinweise geben sollten. Die entscheidende Frage für den gerichtlichen Sachverständigen ist in einem Fall nach Abbildung 4:

Wie soll diese Frage beantwortet werden? Es geht nicht.

Empfehlungen zum "Beweisbeschluss Maschinenbau" für die Parteien

Da der Prozess durch den Grundsatz der Parteiherrschaft bestimmt wird, ist es aus meiner Sicht von besonderer Wichtigkeit, die eigenen Fragen des Beweisbeschlusses bei Problemen aus dem Maschinenbau sehr zielgerichtet und präzise zu formulieren.

Es muss immer das Ziel sein, dass der Maschinengutachter im Gerichtsauftrag („Gerichtsgutachter“) möglichst Fragen so beantworten kann, dass es hilfreich für die eigene Partei ist.

Genau hier fängt die Problematik in der Realität an:

Viele Fragen in technischen Beweisbeschlüssen sind technisch unpräzise.

Wenn Feststellungen nicht mehr möglich sind, ist es immer zum Nachteil der beweispflichtigen Partei.

In Anbetracht dessen empfehle ich grundsätzlich, im Vorfeld der Einleitung einer Klage und der Formulierung von Fragen im Beweisbeschluss ZPO

externe technische Expertise durch einen erfahrenen Gerichtssachverständigen

einzuholen.

Das ist kein Misstrauen den Juristen gegenüber. Es gibt hervorragende Juristen, mit denen ich schon zusammengearbeitet habe. Man darf jedoch als Partei niemals vergessen:

Juristen werden für die rechtliche Auseinandersetzung am Landgericht und höher benötigt. Die Juristen sind aber Fachleute des Rechts und nicht der speziellen technischen Thematik aus dem Maschinenbau, um welche es geht.

Eine Klage oder ein selbstständiges Beweisverfahren sollten mit entsprechenden zu klärenden technischen Fragen erst dann eingereicht werden, wenn auch die Technik als Streitgegenstand im Maschinenbau auf Seiten der Partei intern geklärt ist.

Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass 

die Sichtweise der eigenen Partei auch im Verfahren durch einen Gerichtssachverständigen bestätigt wird.

Fazit und Schlussgedanken

Wirtschaftsunternehmen, die in den Bereichen Maschinenbau, Anlagenbau und Maschinen tätig sind oder produzieren, sehen sich potenziell Rechtsstreitigkeiten gegenüber. In solchen Fällen ist die Zivilprozessordnung (ZPO) fast immer maßgeblich, insbesondere wenn es um Rechtsstreitigkeiten oder selbstständige Beweisverfahren vor Gericht geht.

Gemäß der ZPO liegt die Beweislast bei der Partei, die bestimmte Ansprüche geltend macht. Oftmals wird in gerichtlichen Auseinandersetzungen das Beweisangebot eines „Sachverständigengutachtens“ gemacht. In solchen Situationen erlässt das zuständige Gericht einen Beweisbeschluss nach ZPO und beauftragt einen Maschinengutachter als Gerichtsgutachter, der strikt an den gerichtlichen Auftrag gebunden ist.

Die technisch-juristische Herausforderung besteht darin, dass technische Fragen in einem „Beweisbeschluss Maschinenbau“ oft technisch fehlerhaft formuliert sind. Dies resultiert aus „Übersetzungsproblemen“ zwischen den Disziplinen von Technik und Jura. Obwohl dieselbe Amtssprache, nämlich Deutsch, vor deutschen Gerichten verwendet wird, können solche „Übersetzungsprobleme“ die inhaltliche Beantwortung der Fragen im Beweisbeschluss beeinträchtigen.

Es kommt auch vor, dass die eigentliche technische Thematik im Verlauf einer rechtlichen Auseinandersetzung immer mehr in den Hintergrund gerät und „plötzlich und unerwartet“ juristische Diskussionen in den Vordergrund rücken. Das hilft streitenden Wirtschaftsunternehmen nach meiner Erfahrung nicht, denn sie wollen die technische Problematik als Grundlage des Rechtsstreits geklärt bekommen.

Daher ist es ratsam, dass Unternehmen, die mit rechtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert sind,

frühzeitig einen erfahrenen Maschinengutachter als technischen Sachverständigen beratend hinzuziehen.

Dadurch können sinnvolle fachliche Fragen formuliert werden, die dann in den gerichtlichen Beweisbeschluss ZPO integriert werden. Dieser Ansatz reduziert die Gefahr, dass eigene Fragen sich gegen die eigene Partei wenden, minimiert inhaltlich sinnlose Fragen und senkt deshalb in der Regel die Verfahrenskosten.

Es ist entscheidend, dass Unternehmen in Rechtsstreitigkeiten aus den genannten technischen Bereichen

externe Sachverständige und Juristen zur beratenden Begleitung hinzuziehen.

Dies ermöglicht eine professionelle Gestaltung des Beweisbeschlusses nach ZPO mit sinnvollen technischen Fragen, was die Arbeit des Gerichtssachverständigen erleichtert und das Prozesskostenrisiko kalkulierbarer macht.

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