Abzug neu für alt beim Haftpflichtschaden mit Maschinen

Der Vorteilsabzug beim Haftpflichtschaden.

Abzug neu für alt beim Haftpflichtschaden mit Maschinen

Worum geht es in diesem Artikel?

In Unternehmen kommt es täglich zu unzähligen Schadensfällen – eine defekte Maschine, beschädigte Waren oder ein Zwischenfall in der Produktion. Doch wenn es zur Regulierung des Haftpflichtschadens kommt, erleben viele Geschädigte eine Überraschung: Die Entschädigung bleibt oft hinter den Erwartungen zurück. Woran liegt das? Einer der häufigsten Gründe ist der sogenannte Abzug neu für alt. Dieser Abzug sorgt dafür, dass bei einer Entschädigung der Wertzuwachs durch eine Reparatur oder Erneuerung berücksichtigt wird. Auf diese Weise stellt der Versicherer sicher, dass der Geschädigte zwar entschädigt wird, aber keinen finanziellen Vorteil aus dem Schaden zieht. Doch was genau bedeutet der Abzug neu für alt? Wann und warum wird dieser Abzug gemacht, und was bedeutet das konkret für Unternehmen?

Dieser Artikel beleuchtet die Mechanismen und die Logik hinter dem Abzug neu für alt und zeigt anhand konkreter Beispiele, wie sich dieser in der Praxis auswirkt – eine wichtige Lektüre für alle, die im Schadensfall vorbereitet sein wollen

Abzug neu für alt

Dieser Abzug wird häufig auch Vorteilabzug genannt und betrifft die Haftpflicht.

Was bedeutet Haftpflichtschaden?

Ein Haftpflichtschaden ist ein Schaden, für den jemand haftbar gemacht wird, weil er durch sein Handeln oder Unterlassen eine andere Person oder ein Unternehmen, deren Eigentum oder Vermögen geschädigt hat. Der Begriff „Haftpflicht“ bezieht sich auf die gesetzliche Verpflichtung, für entstandene Schäden aufzukommen, wenn eine Verletzung der Sorgfaltspflicht oder ein Verschulden vorliegt.

Beispiele für Haftpflichtschäden sind:

  1. Sachschäden: Schäden an fremdem Eigentum, wenn zum Beispiel ein Lieferant das Förderband einer Unternehmung bei der Anlieferung beschädigt.
  2. Vermögensschäden: Finanzieller Schaden, der durch eine Handlung verursacht wurde. Bei technischen Schäden ist es zum Beispiel der Ausfallschaden, weil durch zerstörte Maschinen nicht produziert werden kann.
  3. Personenschäden: Wenn eine Person durch einen Dritten verletzt wird.
Abzug neu für alt Haftpflichtschaden
Bild 1: Beschädigter Bagger.

In der Regel tritt eine Haftpflichtversicherung ein, um die Kosten für solche Schäden zu decken, wenn der Schadenverursacher haftpflichtversichert ist. Die ist für Unternehmen eine Betriebshaftpflichtversicherung, die speziell für deren Risikobereich, wie etwa in der produzierenden Industrie oder für spezielle Dienstleistungen, angepasst ist.

Was bedeutet der Abzug neu für alt?

BGB §249 (1) formuliert:

Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

Wenn im Rahmen einer Schadensersatzpflicht eine gebrauchte Sache durch eine neue Sache ersetzt oder durch den Einbau von Neuteilen repariert, kann dies zu einer Werterhöhung führen.

Die Differenz zwischen der neuen Sachen und der beschädigten gebrauchten Sachen ist der Wertvorteil, welcher bei der Regulierung berücksichtigt werden muss.

Somit ist nach einem Haftpflichtschaden die Differenz zwischen der neuen und der beschädigten Sache der Wertvorteil. Diese Differenz ist grundsätzlich vom Geschädigten auszugleichen. Bei der Regulierung resultiert daraus der Abzug neu für alt.

Einfaches Beispiel für den Abzug neu für alt

Ein PKW-Reifen hat als Neureifen eine Profiltiefe von 8 mm. Die Mindestprofiltiefe in Deutschland beträgt 1,6 mm. Durch einen Unfall wurde ein Reifen gleichen Typs mit nur noch 5,0 mm Profiltiefe beschädigt und muss ausgetauscht werden. Es ist in diesem Fall offenkundig, dass ein linearer Zusammenhang zwischen Wertverlust und Nutzung besteht.

Der Wertverlust würde in diesem sehr einfachen Beispiel folgendermaßen berechnet werden:

Verlust = 1 – 5/(8-1,6) = 0,219.

Es lag also beim Schadenfall ein Wertverlust durch Nutzung in Höhe von 21,9% vor. Genau um diese 21,9% würde der Neuwert durch den Abzug neu für alt reduziert werden.

Abzug neu für alt Berechnung bei Maschinenschäden

Der Zeitwert ist beim Haftpflichtschaden besonders wichtig, weil nur dieser maximal ersetzt wird. Der Zeitwert steht somit beim Haftpflichtschaden als ein Synonym für den Abzug neu für alt. Er kann auch in der Sachversicherung wichtig werden.

Ermittlung des Zeitwerts

Laut Definition ist der

Zeitwert ...
... der Wert der Maschine oder Anlage unter Berücksichtigung von Alter, Betriebszustand, insbesondere Abnutzung und Instandhaltung, Wartung, Einsatz sowie der durchschnittlichen technischen Lebens- und Nutzungsdauer.

Es existieren mehrere Methoden, den Zeitwert zu ermitteln. Sofern der Anschaffungswert oder der Neuwert bekannt sind, bieten sich drei Methoden an, die Abwertung zu ermitteln.

Zeitwertfaktor

Abbildung 1: Zeitwertfaktor (ZWF).

Drei unterschiedliche Bewertungsmethoden werden bei Maschinen, Anlagen und auch Betriebseinrichtungen im Allgemeinen angewendet:

  • Geometrisch-degressive Abwertung mit unterschiedlicher Wertminderung während der Nutzungsdauer und am Anfang hohen Abwertungen.
  • Lineare Abwertung mit gleichem Abwertungsbetrag, bis am Ende der Nutzungsdauer der Restwert erreicht wird.
  • Arithmetisch-degressive Abwertung, wobei am Anfang der Nutzungsdauer stärker abgewertet als nach der linearen Abwertung aber nicht so stark, wie nach der geometrisch-degressiven Abwertung.

Gebrauchtwertfaktor

Der Zeitwert einer Maschine wird neben dem Zeitwertfaktor (ZWF) auch durch den Gebrauchtwertfaktor (GBF) bestimmt. Bei den Untersuchungen vor Ort fließen gewonnene Erkenntnisse über Anlagenumfang (Zubehör), Zustand, Überholungen, durchgeführte Reparaturen und Arbeitsqualität in diesen Faktor mit ein.

Deshalb ist ihre Einordnung in ein Bewertungsschema notwendig, welches wegen der Verschiedenheit der Objekte nicht einheitlich sein kann, sondern in Abhängigkeit von ihrer Art und den an sie gestellten Anforderungen bezüglich der genannten Faktoren angepasst werden muss.

Einige klassische Fragestellungen sind:

  • Ist die Maschine im eingefahrenen Zustand?
  • Erfüllt die Maschine die gestellten Anforderungen?
  • Ist die Maschine nur noch für bestimmte Arbeiten einsetzbar?
  • Gab es Reparaturen und Wartungen?

Zeitwert

Der Zeitwert einer Maschine wird zum Bewertungsstichtag aus dem Neuwert und dem Gebrauchtwertfaktor ermittelt. Alternativ wird er aus dem Anschaffungswert unter Berücksichtigung der Preissteigerungen und dem Gebrauchtwertfaktor bestimmt.

Maschinenschaden: Abzug "neu für alt" Haftpflichtschaden

Im Haftpflichtschadenfall wird also in jedem Fall mindestens der Zeitwert reguliert. Der Abzug wird dann folgendermaßen ermittelt:

Abzug neu für alt = Neuwert – Zeitwert.

Wenn es noch einen Restwert der beschädigten Sache bei der Anspruchstellerin gibt, wird dieser ebenfalls noch abgezogen.

Der Unterschied zwischen Zeitwert und Wiederbeschaffungswert

Der Zeitwert und der Wiederbeschaffungswert sind beide bedeutend in der Versicherungswirtschaft, wenn es um die Regulierung von Haftpflichtschäden geht.

Der Zeitwert wurde bereits erläutert. Der Wiederbeschaffungswert ist folgendermaßen definiert:

Der Wiederbeschaffungswert ...
... umfasst die Kosten, die aufgewendet werden müssen, um am Bewertungsstichtag einen gleichartigen und gleichwertigen Bewertungsgegenstand wieder zu beschaffen.

In der Praxis ist der

Wiederbeschaffungswert oft höher als der Zeitwert,

da er den Marktwert eines neuen oder gleichwertigen Gebrauchtgegenstands widerspiegelt und die Alterung des ursprünglichen Gegenstands unberücksichtigt lässt.

Deswegen ist es wichtig, im Haftpflichtschaden auch den Wiederbeschaffungswert zu ermitteln. Gelingt die nicht, wird der

Zeitwert für die Regulierung

herangezogen.

Beispiele

Kollision mit einem Förderband

Bild 2 zeigt einen Klassiker aus dem Schadenbereich. Häufig vergessen Lastwagenfahrer die Mulde wieder abzusenken und fahren dann mit hochgestellter Mulde durch ein Industriegebiet. Die nächste Bandanlage in Fahrrichtung ist dann meistens durch Kollision erheblich beschädigt und eventuell sogar völlig zerstört.

Abzug neu für alt haftpflichtschaden
Bild 2: Zerstörte Bandanlage.

Bei zerstörten Bandanlagen muss genauestens differenziert werden. Häufig ist das Band mit den Komponenten, zum Beispiel die Tragrollen beschädigt und müssen ausgewechselt werden. Das sind klassische Verschleißteile, sodass der Abzug neu für alt dann selbstverständlich nicht berücksichtigt werden muss.

Grundsätzlich muss geprüft werden, ob es durch den Austausch von Bauteilen und Komponenten überhaupt zu einer Wertsteigerung kommt. Wenn also die Stahlkonstruktion einer Bandanlage in Teilen ausgetauscht werden muss, ist zu prüfen, wie hoch der Zeitwert ist und, ob es sich gegebenenfalls auch um einen wirtschaftlichen Totalschaden handeln könnte. Liegt aber durch einen Austausch kein Wertgewinn vor, gibt es in der Regel auch beim Haftpflichtschaden seitens des Versicherers nichts abzuziehen.

Dafür werden auch Sachverständige benötigt, um dies technisch zu beurteilen. Danach kann der Sachbearbeiter bei der Versicherung die Feststellungen des Sachverständigen entsprechend dem zugrunde liegenden Versicherungsvertrag rechtlich bewerten. Bei großen Schäden nehmen meistens interne Juristen die rechtliche Bewertung vor.

Beschädigte Hebebühne

Bild 3 zeigt eine sehr alte zerstörte Pkw-Hebebühne. Diese Hebebühne wurde ebenfalls im Rahmen eines Haftpflichtschadens reguliert.

Abzug neu für alt Berechnung
Bild 3: Zerstörte Hebebühne.

Die Reparaturkosten haben im vorliegenden Fall den Zeitwert überschritten. Das bedeutet einen

wirtschaftlichen Totalschaden

Beim wirtschaftlichen Totalschaden wird häufig der Zeitwert reguliert. Verbleibt ein Restwert, wird dieser ebenfalls abgezogen.

Der Wiederbeschaffungswert ließ sich im vorliegenden Fall nicht exakt ermitteln, weil die Hebebühne sehr alt war. Eine ähnliche Hebebühne, wurde über ein Internetportal angeboten. Der angebotene Preis lag in der Größenordnung des Zeitwerts. Der Geschädigte wurde schließlich damit entschädigt.

Die Rollen von Gutachten bei der Schadenregulierung

Versicherungen greifen bei der Schadensregulierung oft auf Sachverständige zurück. Besonders häufig jedoch – gerade bei komplexen Haftpflichtschäden – werden öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige hinzugezogen. Diese unabhängigen Experten sind speziell qualifiziert und stehen für Neutralität und Fachkompetenz. Ihr Einsatz bringt eine zusätzliche Ebene der Glaubwürdigkeit und wird oft dann notwendig, wenn die Schadenshöhe und Schadenursache in einem Haftpflichtfall objektiv und möglichst genau festgestellt werden müssen.

Abzug neu für alt Berechnung
Bild 4: Haftpflichtschaden.

Sobald die Haftungsfrage geklärt ist, kümmern sich die Spezialisten um die Ermittlung der Schadenshöhe. Hierbei sind der Zeitwert und der Wiederbeschaffungswert zentrale Größen im Haftpflichtschaden. Während der Zeitwert den aktuellen Wert des geschädigten Objekts unter Berücksichtigung von Alter und Abnutzung abbildet, stellt der Wiederbeschaffungswert die Summe dar, die für die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Ersatzes erforderlich wäre.

Zusätzlich wird der Abzug neu für alt vorgenommen, ein wichtiger Mechanismus, um den Restwert der geschädigten Maschine oder des Bauteils im Schadensfall angemessen zu berücksichtigen. Dieser Abzug sorgt dafür, dass die Entschädigung fair ausfällt, indem sie den Neuwert des beschädigten Gegenstands anpasst.

Sachverständige werden jedoch nicht nur von Versicherungen beauftragt. Häufig treten sie auch im Auftrag der geschädigten Partei bei einem Schadenfall im Maschinenbau in Aktion. Hier unterstützen sie Unternehmen – häufig Produktionsbetriebe –, die in einem Schadensfall ihre Ansprüche geltend machen möchten.

Die Sachverständigen übernehmen dabei im Auftrag der geschädigten Partei die Aufgabe, die Ursache und den exakten Schadenumfang zu ermitteln, damit der Geschädigte seine Ansprüche gerichtlich oder außergerichtlich gegen den Verursacher durchsetzen kann. In solchen Fällen stellen die Kosten für den vom Geschädigten beauftragten Sachverständigen in der Regel

eine Schadenposition

dar und werden vom Haftpflichtversicherer der Versicherungsnehmerin im Rahmen der Schadenregulierung ebenfalls übernommen.

Die Tätigkeit der Sachverständigen ist somit ein zentraler Baustein im Schadenmanagement, der nicht nur für die Versicherung, sondern auch für den Geschädigten von hohem Nutzen ist. Durch ihre sachkundige und objektive Begutachtung legen sie die Grundlage dafür, dass Ansprüche fair, vollständig und professionell abgewickelt werden können.

Fazit

Kommt es in einem produzierenden Unternehmen zu einem Schaden, ist die Überraschung oft groß – und selten erfreulich. Denn Maschinen, Anlagen und andere Betriebseinrichtungen sind häufig direkt betroffen, was die Produktion empfindlich treffen und den Betrieb sogar teilweise lahmlegen kann. Steht dann fest, wer für den Schaden verantwortlich ist, erwarten die Geschädigten, dass der Haftpflichtversicherer des Verursachers für die entstandenen Kosten voll aufkommt. Doch genau hier erleben viele eine unangenehme Überraschung: Denn die Reparaturkosten oder die Wiederbeschaffung werden nicht immer in voller Höhe reguliert. Häufig wird ein Abzug neu für alt vorgenommen.

Dieser Abzug neu für alt, der auf dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) basiert, ist juristisch einwandfrei, sofern er korrekt berechnet wurde. Er soll sicherstellen, dass der Geschädigte nicht besser dasteht als vor dem Schadenfall. Bei der Erneuerung einer älteren Maschine entsteht ein Wertzuwachs, der durch den Abzug neu für alt ausgeglichen wird – ein Vorteilsabzug, den viele nicht erwarten und der oft zu Konflikten führt.

Um nicht im Schadensfall benachteiligt zu werden, sollten Unternehmen sich frühzeitig von einem unabhängigen Sachverständigen beraten lassen. Dieser kann sowohl die Schadenshöhe als auch die Ursache objektiv ermitteln und dem geschädigten Unternehmen helfen, berechtigte Ansprüche vollständig und korrekt geltend zu machen. Die Sachverständigenkosten werden fast immer ebenfalls vom Verursacher oder dessen Versicherung übernommen – ein Schritt, der sich auszahlt, um im Schadensfall keine bösen Überraschungen zu erleben.

Empfehlung:

Wenn Ihr Unternehmen durch Dritte geschädigt wurde, ziehen Sie einen unabhängigen Sachverständigen hinzu, um Ihre Interessen gesichert zu vertreten.

Fragen?

Die Antworten sind nur einen Klick entfernt.